Manuel von Corinth, Apologie orthodoxer Glaubenspositionen, gerichtet an den Prädikanten-Bruder Franciscus

Aus Konjunkturen
Wechseln zu: Navigation, Suche
Zwischen orthodoxer Konformität und politischem Pragmatismus: Die Walachei im 16. Jahrhundert

Quellentext

Aussagen und Argumente, die Fra Franciscus niederschrieb und Manuel, dem Großrhetor der Großen Kirche, schickte.

»Ich halte die folgenden Grundsätze und Dogmen der Frömmigkeit und ich bitte dich, Großrhetor und Magister, mir zu zeigen, wo ich falsch liege.

Theologische und rechtgläubige Konklusionen des Fra Franciscus, des Prädikanten:

  1. Der Heilige Geist geht aus dem Vater und dem Sohn hervor.
  2. Die Erweiterung des Glaubensbekenntnisses mit der Formel ›vom Vater und vom Sohn‹ [ex Patre Filioque procedit[1]] ist berechtigt.
  3. Sowohl gesäuertes als auch ungesäuertes Brot verwandelt sich in den Leib Christi.
  4. Wir sind dazu gehalten zu glauben, dass es vor dem Jüngsten Gericht ein Fegefeuer gibt.
  5. Wir sind dazu gehalten zu glauben, dass die Seelen der Heiligen im Himmel unmittelbar nach dem Tod in den Himmel aufgenommen werden und sie dort in unmittelbarer Beschauung Gottes verweilen.
  6. Der erste in der Hierarchie bischöflicher Sitze wird vom Papst zu Rom besetzt.
  7. Die Taufe der Franken [d.h. Lateiner] und die Taufe der Griechen sind ein und dasselbe.
  8. Wer sich von seinem Weibe scheidet (es sei denn um der Hurerei willen) und freit eine andere, der bricht die Ehe; und wer die Abgeschiedene freit, der bricht auch die Ehe [Mt 19, 9].
  9. Christus hat den Jüngern beim letzten Abendmahl ungesäuertes Brot verteilt.
  10. Nur die Worte Christi: ›Nehmet, esset…‹ [1. Kor 11, 24] sind diejenigen, welche die Verwandlung des Brotes in den Leib [Christi] bewirken, keineswegs das Gebet des Chrysostomos ›Und mache dieses Brot…‹ etc.«


Manuel, der Großrhetor der Großen Kirche, begrüßt den Prädikanten Fra Franciscus aus dem alten Rom!

Zu uns angekommen, zeigte uns dein Brief – so wie er geschrieben war – die Kargheit deiner Kompetenz, was u.a. die griechische Grammatik betrifft (denn du machst Wortschatz-Fehler, phonetische Fehler und setzt die Akzente falsch), aber auch deine große Distanz zur wahren Theologie. Obwohl die von dir aufgeführten und erläuterten Grundlagen eigentlich noch zu erforschende Themen und Probleme darstellen, die sehr eifrig diskutiert worden sind, nennst du sie »Konklusionen« und noch dazu »rechtgläubig«, obwohl sie eigentlich schlecht reflektiert und von Korrektheit und Wahrheit sehr weit entfernt sind. Man bezeichnet kurzum als »Konklusion« eine gut definierte und bewiesene Sache; diese Interpretationen aber [die du schicktest] [bilden] eher Thesen oder unrechtmäßige Erläuterungen eines unlogischen und pervertierten Verstands zu Thesen und Prämissen, wurden doch ausreichend, an vielen Stellen, in vielen Epochen und so viele Male unter vielen von Gott inspirierten Männern debattiert, entweder aus der Antike, aber auch aus jüngeren Zeiten; diese waren mit vollkommener Weisheit und mit Heil gesegnet und widerlegten [solche Thesen], weil sie blasphemisch sind und auf offene Weise die Verneinung der absoluten Wahrheit Christi, unseres Gottes, fördern, welcher Wahrheit sie [eindeutig] entgegen stehen.

[…] Auch deine Aussage, dass der Papst der erste in der Hierarchie der Bischöfe sei, ist nicht wahr. Denn die Kanones und die Konzile und das Edikt der drei Kaiser haben beschlossen, dass Konstantinopel der erste [bischöfliche] Sitz [in der Hierarchie] sei. Denn – so argumentieren sie – der Sitz in Konstantinopel, der auch mit der Kaiserherrschaft geschmückt war, hatte das Recht, als erster seine Stimme in den Konzilen abzugeben. Gemäß diesen Konzilen müssen die von den anderen bischöflichen Sitzen eingereichten Revisionen vom Konstantinopler Bischof evaluiert und beurteilt werden. Und per Gesetz wurde entschieden, dass der Papst dieselben Privilegien wie der Patriarch von Konstantinopel besitzt. Beide teilten dieselben Rechte miteinander. In dem Moment allerdings, als der Papst sich von der Wahrheit und den korrekten Dogmen entfernte und eine unerlaubte Erweiterung im Glaubensbekenntnis zu machen anmaßte, hat er nicht nur den zweiten Rang verloren, er hat gar keinen Rang mehr [in der wahren Kirche Gottes]. Denn er hat in die Heilige Dreifaltigkeit der dreieinigen Gottheit zwei Prinzipien eingeführt; er bringt das Opfer wie die Juden mit ungesäuertem Brot dar; er ist in vielerlei Hinsicht vom Gesetz abgefallen […]. Also von dem Moment, in dem er sich solchem Irrsinn preisgab, entfremdete er sich [und schied aus der Hierarchie der Bischöfe aus]. […]

Bibliographie

Originaltext in der Edition von GEDEON, Manouil I., Συμβολαὶ εἰς τὴν ἰστορίαν τῶν μεταξὺ τῶν ἐκκλησιῶν σχέσεων, ιγ΄, in: Εκκλησιαστικὴ Ἀλήθεια, 9/30 (1889), S. 236–240. Übersetzung von Mihai-D. Grigore.

Anmerkungen

  1. »[Der Heilige Geist], der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht«. Strittiges trinitarisches Dogma der Lateinischen Kirche ab ca. dem 8. Jh. demgemäß der Heilige Geist, eine der drei Personen innerhalb der Heiligen Dreifaltigkeit, nicht nur von Gott Vater (der ersten trinitarischen Person, als alleinige Quelle aller Göttlichkeit), sondern auch von Gott Sohn (der zweiten trinitarischen Person) hervorgeht/ausgeht. Dieses Dogma fand Niederschlag in einem Zusatz der Lateinischen Kirche zu dem nizäo-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis (5. Jh.), das eigentlich besagte, dass »[Der Heilige Geist] aus dem Vater hervorgeht« (Et in Spiritum Sanctum, […] qui ex Patre procedit). Dieses Dogma bildet bis heute einen der grundsätzlichen Streitpunkte zwischen der Orthodoxen und der Katholischen Kirche. Die Erstere erkennt die Lehre vom filioque ab und wirft der Katholischen Kirche Häresie vor.