Johann J. G. Am Ende, Friede macht Freude / August von Sachsen, Abkündigung des ... zu feyernden Friedens-Dank-Festes (1763)

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Friedensrepräsentationen in der Frühen Neuzeit

Quellentext

Johann J. G. Am Ende, Friede macht Freude

[S. 18]:

Andächtige Zuhörer! Ist aller wahrer Friede auf Erden Gottes Werk, so ist gewiss der nunmehrige wieder hergestellte Ruhe- und Friedensstand auch als sein Geschenk und Gabe anzusehen. Menschlichem Ansehen nach schien vor kurzem der Friede noch weit entfernt zu sein. Fast alle Könige in Europa hatten Teil an diesem Krieg. Ein so verschiedenes, einander widersprechendes Interesse, weit aussehende Absichten, neue zur Fortsetzung des Kriegs abzielende Zurüstungen, abwechselndes Kriegsglück, viele andere beträchtliche Umstände ließen gewiss mehr fürchten als hoffen. Aber Gott, dessen Gedanken nicht unsere Gedanken sind[1], und der alles fein tut zu seiner Zeit, wusste bald, da die Zeit seines Zorns vorbei und die Stunde der Hilfe da war, das Licht aus der Finsternis und den Frieden aus der Verwirrung hervorzubringen. Er fing an, zuerst das Brausen des Meeres zu stillen, und darauf musste auch auf dem festen Land, durch seine allmächtige herzlenkende Kraft ohne Umstand alles zum Frieden sich schicken. Anfang und Ende des Kriegs musste einander ähnlich sein. Beides führt etwas Geschwindes und Plötzliches mit sich. Plötzlich redete der Herr wider ein Land und Volk, dass Er es ausrotten, zerbrechen und verderben wollte. Aber plötzlich ließ er sich auch des Unglücks gereuen, Jer. 18,7, und machte es nicht gar aus, sondern redete und sagte Friede zu seinem Volk. »Siehe!« sprach der Herr, »ich will sie heilen und gesund machen und will ihnen [um ihres Gebets willen] Friede und Treue gewähren«. Jer. 33,6. Das hat Gott getan, der Gott und Schöpfer alles Friedens!

2) sehen wir auf den Frieden selbst. Und was ist der? Er ist eine Gabe Gottes. Daher ist er, wie alle Gottes Gabe auch etwas Gutes, Heilsames, Himmlisches und Göttliches. Er ist eine von Gott verliehene Kraft und Stärke des Landes, als welche Erklärung uns David […] von dem Frieden gemacht hat, da er Kraft und Friede mit einander aufs Genaueste verbindet und das eine aus dem anderen herleitet und erklärt.

Man kann die Sache am besten aus dem Gegenteil abnehmen. Der Krieg, was ist er? Eine Schwächung und Entkräftung der Länder. Er entvölkert den Erdboden, beraubt das Land seiner jungen Mannschaft, stört Commercien, Handlung und Gewerbe, zerrüttet Häuser und Familien, hemmt den Fortgang guter Künste und Wissenschaften, verdirbt gute Sitten, benimmt den Gesetzen ihre Kraft, hält den Lauf der Gerechtigkeit auf und führt in alle Stände viel Unordnung und Unheil ein. Die Sache bedarf keines Beweises. Alle Kriegsgeschichte und auch die letzteren Kriegsläufte sind voll von traurigen Zeugnissen und Spuren dieser kläglichen Wahrheit, dass der Krieg den ganzen Staatskörper entkräftet und schwächt. Dahingegen der Frieden Haupt und Glieder stärkt und alles lebendig, gesund und fröhlich macht, dass der Bürger und Bauer unter seinem Weinstock und Feigenbaum ruhig sitzen und sein Brot mit Freuden essen kann. Das ist der hohe Wert des Friedens.

Aber ist denn nun auch der jetzt erzeugte Friede so etwas Heilsames und Gesegnetes? Allerdings. Denn sonst müssten wir den vorigen allgemeinen Satz wieder zurücknehmen und das Göttliche in dem Frieden als eine Gabe Gottes leugnen. Es ist wahr, Friedensschlüsse sind immer für einen Teil vorteilhafter als für den andern. So ist auch nicht zu leugnen, vielmehr schmerzlich zu beklagen, dass der letzte langwierige Krieg vielleicht keinem Land so lästig[2] gewesen und der erfolgte Friede so wenig vorteilhaftig worden, als unserem geliebten Vaterland. Es ist auch daher eben nicht zu verwundern, wenn hier und da Leute gefunden werden, welche über den Frieden nicht zufrieden sind, und an dem heutigen Tag mehr Missvergnügen als Freude empfinden. Indessen möchten doch solche unzufriedenen Gemüter sich auch prüfen, aus was eigentlich für Quellen diese ihre Unzufriedenheit herfließe? Ob sie aus wahren patriotischen Gesinnungen, aus Liebe gegen seine Mitbürger, aus Mitleiden gegen äußerst bedrängte und mitgenommene Untertanen, aus einer gründlichen Einsicht in den wahren Zusammenhang der Dinge, oder etwa aus bloß eigensinnigen, oder wohl gar eigennützigen und anderen unlauteren Leidenschaften herkomme? Sie mögen doch wohl bedenken, dass Friede und Ruhestand allemal besser sei als eine Fortdauer von Blutvergießen, Verwüstungen, Vergewaltigungen und anderen landverderblichen Plagen. Ein gewisses, obschon eingeschränktes Gut ist doch allemal annehmlicher als große, aber ungewisse und mit noch größeren Gefahren verknüpfte Hoffnungen. Unser Vaterland war ja dem gänzlichen Verderben ganz nahe und befand sich, so zu reden, an dem Rande eines grundstürzenden Ruins. Nichts als Friede, und ein baldiger Friede, konnte diesem großen Verderben wehren.

Es ist wahr: Verlust und Schaden, den Sachsen in diesem Kriege erlitten, ist groß, unaussprechlich groß. Aber ist denn der Arm des Herrn verkürzt, dass er nicht wieder aufhelfen und segnen könne? Hat uns der Herr zerrissen, kann er nicht auch heilen? Hat er uns geschlagen, kann er nicht auch verbinden? Nicht wieder lebendig machen? Nicht wieder aufrichten, dass wir vor ihm stehen und leben werden? Hos. 6,1. Ja! Das kann er tun. Das will und wird er gewiss tun. Er und sein himmlischer Segen wird für uns die allerzuverlässigste Entschädigung, und er selbst, der allgenügsame Gott, wird unser Schild und sehr großer Lohn sein, wenn wir nur die Gabe des Friedens wohl anwenden, und mit Abraham vor dem allmächtigen Gott wandeln und das unsere, ein jeder an seinem Teil, treulich ausrichten werden. 1. Buch Mos. 15,1.

Bei dem allen müssen wir als Christen auch auf die Sache Christi und seines Reichs sehen. Denn dahin haben doch alle Revolutionen, großen Veränderungen, Kriegs- und Friedenshändel auf Erden ihre unfehlbare Beziehung. Öfter denken diejenigen, die auf Erden Krieg führen, wenig oder nicht an den Himmel. Aber der im Himmel ist und durch dessen Vorsehung alle Dinge geordnet werden, der hat acht auf alles ihr Tun. Und da muss alles dem Rat des Herrn dienen. Die Menschen mit allen ihren noch so irdisch gesinnten Anschlägen und Unternehmungen müssen dennoch ohne, auch wohl wider ihr Denken, Wissen und Wollen, die Sache Gottes fördern. Der müsste die Wege der göttlichen Regierung, und die Stimmen der Propheten gar nicht kennen, wer diese leugnen wollte. Die in diesem Kriege und durch den erfolgten Frieden in jenem entfernten Weltteil[3] gemachten großen Eroberungen, sollten die nicht dem Reich Christi eine weitere Bahn machen und ein Weg sein, wodurch das Evangelium samt guten Künsten und Wissenschaften bis an die wildesten Völker gelangen dürfte? Auch nach Sachsen hat dieser Krieg Leute von allerlei Religion gebracht, welche von unserm Glauben, Gottesdienst, Sitten und Gebräuchen gewiss nicht die vorteilhaftesten Begriffe gehabt haben. Diese, wenigstens zum Teil, denken jetzt ganz anders und besser von uns, nachdem sie in unseren Gottesdiensten, Büchern, Gebeten, Gesängen, Einrichtungen und Anstalten Wahrheit, Erbauung, Vernunft, Ordnung und gute Zucht wahrgenommen haben. Wie manchem sind die Augen aufgegangen? Wie mancher hat heilsame Schläge an sein Herz bekommen? Wovon mir nicht wenig Exempel zur Bewunderung der göttlichen Weisheit bekannt geworden sind. Sollte das nicht vermögend sein fürs künftige bessere Gesinnungen gegen das[4] Evangelischen Wesen zu wirken, den unlauteren Religionseifer zu brechen und der guten Sache der Wahrheit zur Gottseligkeit hier und da Förderung zu verschaffen? Herr, dein Rat ist wunderbarlich, und führst es herrlich hinaus! Jes. 28,29. Auch diese Betrachtung muss bei denen, die auf die Werke des Herrn sehen und auf das Geschäft seiner Hände schauen, ein Bewegungsgrund sein, über das erlittene Ungemach des Kriegs, in dem Willen Gottes desto mehr sich zu beruhigen und über den von Gott wieder geschenkten Frieden desto zuversichtlicher sich zu freuen.

3) Dadurch, dass wir den verliehenen Frieden als eine Gabe und Wohltat von der Hand des Herrn annehmen, an seiner Gnade unsere Lust haben und in keinem Wege einiges Murren an uns finden lassen, sondern auch hier sprechen: Ich nehme es, wie er es gibt. Denn was und wie Gott gibt ist allemal das Beste. Demnach ist billig, dass wir dem Herrn für die Gabe des Friedens heute ein öffentliches Dankopfer darbringen, seine unverdiente Güte und unsere Unwürdigkeit in Demuth erkennen und bekennen und aus dem heutigen nachmittäglichen Friedenstext mit Herz und Mund sprechen: »Ich danke dir, Herr, dass du zornig bist gewesen über mich und dein Zorn sich gewendet hat und tröstest mich«, Jes. 12,1.

August von Sachsen, Abkündigung des [...] zu feyernden Friedens-Dank-Festes, Dresden 1763

Nachdem unter göttlicher Gnade und Segen es nunmehr dahin gediehen, dass zwischen Seiner Majestät, unserm allergnädigsten Könige, Kurfürsten und Herrn, und des Königs von Preußen Majestät der Friede geschlossen, selbiger auch durch dessen erfolgte Ratifikation zu seiner Vollständigkeit gebracht, mithin die hiesigen Lande von dem in das siebende Jahr vorgedauerten Kriegsungemach, wodurch dieselbe ihrem gänzlichen Untergang nahe gekommen, endlich befreit worden, und sich dann gebührt, für diese lang erwünschte Wohltat deren allerhöchsten Geber demütigen Dank abzustatten; Als [also] haben höchstgedachte ihro Königliche Majestät und Kurfürstliche Durchlaucht unser allerteuerster Landesvater solches vermittels eines auf den morgenden Tag, als den 21. März, in dero gesamten Kur-, inkorporierten und anderen Landen, zu feiernden Friedensdankfestes zu tun allergnädigst anbefohlen. Wenn denn nun solchem in untertänigstem Gehorsam nachzukommen unsere Pflicht sowohl gegen Gott als auch gegen unsere hohe Landesobrigkeit erfordert, als wird eure christliche Liebe hiermit in dem Herrn ermahnt, den morgenden Tag als ein feierliches Dankfest zu begehen, dem Gottesdienst andächtig beizuwohnen, dem grundgütigen Gott für die uns durch den verliehenen Frieden erzeigte Wohltat einmütig und mit einem Munde zu danken und zu preisen, daneben ihn flehentlich anzurufen, dass er solches edle Kleinod des Friedens nie von uns wende, sondern gnädiglich bewahre und mit seiner treuen Vorsorge stets über uns walte, welches der barmherzige Gott und Vater in Gnaden tun wolle, um seines lieben Sohnes Christi Jesu willen. Amen.

Bibliographie

AM ENDE, Johann Joachim Gottlob, Friede macht Freude, oder: Freude über den Frieden, Wurde am 21sten März, als an dem allgemeinen Dank-Friedens-Feste, In der Predigt über den 28sten Ps. und deßen 6. 7. 8. u. 9. Vers in der Frauen-Kirche […] vorgestellet, und […] dem Drucke übergeben, Dresden 1763. Digitalisat der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, URL: http://digital.slub-dresden.de/id42629887X. S. 18 Mitte bis 22.

August von Sachsen, Abkündigung des, auf Ihro Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen allergnädigster Befehl, auf den Ein und Zwanzigsten März, 1763. als den Montag nach dem Sonntage Judica, zu feyernden Friedens-Dank-Festes, Dresden 1763. Digitalisat der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, URL: http://digital.slub-dresden.de/id426143027.

Anmerkungen

  1. Nicht ausgewiesene Bezugnahme auf Jes 55,8.
  2. Belastend.
  3. Der Siebenjährige Krieg wurde auch in Nordamerika ausgetragen; Sachsen war mit Frankreich verbündet, das dort gegen England kämpfte.
  4. Gegenüber dem Evangelischen Wesen.