Karl Arper / Alfred Zillessen, Agende für Kriegszeiten (1914): Gebete nach der Predigt, Nr. 15

Aus Konjunkturen
Wechseln zu: Navigation, Suche
Religion und Politik im Ersten Weltkrieg

Quellentext

Herr, unser Gott, mit schwerbeladenem Herzen kommen wir vor dein Angesicht und heben unsere Hände bittend und fürbittend zu dir empor. Aber so schwer auch die Zeit ist, wir haben doch noch viel, sehr viel zu danken. Wir danken dir, daß wir in diesem Kriege ein gutes Gewissen haben, und daß wir für eine gute und gerechte Sache kämpfen. Du weißt ja, daß wir den Krieg nicht gesucht haben, sondern daß er uns aufgedrungen und aufgezwungen worden ist; darum können wir getrost unsere Augen zu dir emporrichten, und unsere Krieger können mit Freudigkeit zu den Waffen greifen. Wir danken dir, daß du in dieser ernsten Zeit die Grundsünde der Deutschen, die Uneinigkeit, weggenommen, daß du alles Zertrennende und Scheidende aus unserer Mitte abgetan, daß du alle Stämme Deutschlands geeinigt und auch alle Stände und Klassen unseres Volkes fest zusammengeschlossen hast, so daß wir nun als ein einig Volk von Brüdern[1] vor unseren Feinden stehen. Wir danken dir, daß du unser ganzes Volk, besonders unsere Jugend, mit heiliger Begeisterung durchweht, daß du sie mit Mut und Tapferkeit erfüllt und daß du ihre Tapferkeit auch schon mit herrlichen Siegen gekrönt hast. Wir danken dir, daß du wackere Männer an die Spitze unseres Volkes gestellt hast, vor allem unseren geliebten Kaiser, Männer, zu denen wir das Vertrauen haben, daß sie uns mit klarem Geiste führen und mit sicherer Hand leiten werden. Wir danken dir auch, daß du den Geist des Glaubens wieder in unserem Volke mächtig hast hervorbrechen lassen und daß du zum Glauben auch die Liebe gegeben hast, so daß ein wahrer Wetteifer im Helfen und Wohltun unter uns erwacht ist. Aber, Herr Gott, wir haben auch vieles zu bitten für uns und für unser Volk und Vaterland. Segne auch weiter unsere Waffen, und laß unsere Heere fortschreiten von Erfolg zu Erfolg, von Sieg zu Sieg. Mache zu Schanden die Falschheit, ja das ganze Lügengewebe unserer Feinde, und bewähre es in diesem Krieg, daß Recht doch Recht bleiben muß.[2] Gib den Trauernden Trost, den Verwundeten gute Pflege, den Sterbenden ein seliges Ende. Und wenn sich in uns oft bitterer Haß regen will gegen die Feinde, die an all diesem Elend schuld sind, dann kämpfe du durch deinen heiligen Geist solche Regungen des alten Menschen nieder, und erfülle uns mit dem Geiste Jesu, dem Geiste der Sanftmut, der Geduld, der Feindesliebe. Mache uns diese Zeit der Heimsuchung zu einer Gnadenzeit, und hilf uns sie auskaufen zum Heil unserer Seele. Und endlich mache dem Würgen ein Ende und laß bald die Friedensglocken durchs Land läuten.

Verleih uns Frieden gnädiglich,

Herr Gott, zu unsern Zeiten.

Es ist ja doch kein andrer nicht,

Der für uns könnte streiten,

Denn du, unser Gott, alleine. Amen.[3]


Bibliographie

Gebete nach der Predigt, Nr. 15, in: Karl ARPER / Alfred ZILLESSEN, Agende für Kriegszeiten, Göttingen 1914, S. 82–84.

Vgl. Günter BRAKELMANN (Hg.), Protestantische Kriegsagenden und Kriegslyrik im Ersten Weltkrieg. Eine Dokumentation und Interpretation, Kamen 2015. Brakelmann druckt hier ausgewählte Texte aus der Kriegsagende von Arper und Zillessen ab und versieht sie mit einer allgemeinverständlichen Interpretation.


Anmerkungen

  1. Rütlischwur. Vgl. am prominentesten: Friedrich SCHILLER, Wilhelm Tell, Tübingen 1804, Zweiter Aufzug, Zweite Szene.
  2. Vgl. Ps 94,15.
  3. Martin LUTHER, Verleih uns Frieden gnädiglich, EG 421, vgl. Andreas MARTI, 421 – Verleih uns Frieden gnädiglich, in: Eva DOLEŽALOVÁ / Ilsabe SEIBT (Hg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch 20, Göttingen 2015, S. 77–80.