Paul Gerhardt, Gott Lob! Nun ist erschollen das edle Fried- und Freudenwort (1653)

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Friedensrepräsentationen in der Frühen Neuzeit

Quellentext

Zu singen auf die Melodie: Nun lob, mein Seel, den Herren (Hans Kugelmann 1540, Evangelisches Gesangbuch Nr. 289)


1.
Gott Lob! Nun ist erschollen
das edle Fried- und Freudenwort,
dass nunmehr ruhen sollen
die Spieß’ und Schwerter und ihr Mord.
Wohlauf und nimm nun wieder
dein Saitenspiel hervor,
O Deutschland, und sing Lieder
im hohen vollen Chor.
Erhebe dein Gemüte
zu deinem Gott und sprich:
Herr, deine Gnad’ und Güte
bleibt dennoch ewiglich:

2.
Wir haben nichts verdienet
als schwere Straf’ und großen Zorn,
weil stets noch bei uns grünet
der freche schnöde Sündendorn.
Wir sind fürwahr geschlagen
mit harter, scharfer Rut’,
und dennoch muss man fragen:
Wer ist, der Buße tut?
Wir sind und bleiben böse,
Gott ist und bleibet treu,
hilft, dass sich bei uns löse
der Krieg und sein Geschrei.

3.
Sei tausendmal willkommen,
Du teure werte Friedensgab’.
Jetzt seh’n wir, was für Frommen
Dein Bei-uns-wohnen in sich hab’:
In dir hat Gott versenket
all unser Glück und Heil.
Wer dich betrübt und kränket,
der drückt ihm[1] selbst den Pfeil
des Herzleids in das Herze
und löscht aus Unverstand
die güld’ne Freudenkerze
mit seiner eig’nen Hand.

4.
Das drückt uns niemand besser
in unser Herz und Seel’ hinein
als ihr zerstörten Schlösser
und Städte voller Schutt und Stein.
Ihr vormals schönen Felder
mit frischer Saat bestreut,
jetzt aber lauter Wälder
und dürre wüste Heid’.
Ihr Gräber voller Leichen
und blut’gen Heldenschweiß
der Helden, derer gleichen
auf Erden man nicht weiß.

5.
Hier trübe deine Sinnen,
O Mensch, und lass die Tränenbach
aus beiden Augen rinnen.
Geh in dein Herz und denke nach:
Was Gott bisher gesendet,
das hast du ausgelacht.
Nun hat er sich gewendet
und väterlich bedacht,
vom Grimm und scharfen Dringen
zu deinem Heil zu ruh’n,
Ob er dich möchte zwingen
mit Lieb und Gutes-Tun.

6.
Ach, lass dich doch erwecken,
wach auf, wach auf, du harte Welt.
Eh’ als das harte Schrecken
dich schnell und plötzlich überfällt.
Wer aber Christum liebet
sei unerschrock’nen Mut’s.
Der Friede, den er gibet,
bedeutet alles Gut’s.
Er will die Lehre geben:
Das Ende naht herzu,
da sollt ihr bei Gott leben
in ew’gem Fried und Ruh.

Bibliographie

GERHARDT, Paul: Gott Lob! Nun ist erschollen das edle Fried- und Freudenwort. Modernisierte Fassung aus: Johann CRÜGER / Martin LUTHER, Praxis Pietatis Melica. Das ist: Ubung der Gottseligkeit in Christlichen und trostreichen Gesängen/ Herrn D. Martini Lutheri fürnemlich/ wie auch anderer vornehmer und gelehrter Leute, Berlin u.a., 5. Ausgabe 1653, Nr. 401 S. 773-775, im Abschnitt »Dancksagung für den lieben Frieden«. Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek, URL: http://daten.digitale-sammlungen.de/0006/bsb00065813/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00065813&seite=396.

Anmerkungen

  1. Im Frühneuhochdeutschen im Sinne von "sich" verwendet; hier könnte aber auch die wörtliche Bedeutung (mit)gemeint sein.