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Quellengattungen

Einleitung

Die folgende strukturierte Zusammenstellung bietet einen weiteren Zugang zu dieser Anthologie an. Sie ermöglicht es, gezielt nach bestimmten Quellengattungen zu suchen, die in den einzelnen Beiträgen verwendet werden. Sie gibt darüber hinaus grundlegende Informationen zu den einzelnen Gattungen und Hinweise darauf, was bei der Interpretation bzw. Analyse dieser Gattungen jeweils zu bedenken ist.

Für eine vertiefende Einführung in die historische Quellenkunde und -interpretation finden sich unter den weiterführenden Literaturangaben.

Bildquellen

Auch wenn immer mehr Historiker*innen sich für Bilder interessieren, nehmen diese unter den Geschichtsquellen noch immer eine Außenseiterposition ein; hartnäckig hält sich die Tendenz, Bilder in erster Linie als bloße Illustrationen zu benutzen. Jedoch ermöglicht die Bildquelle einen gesonderten Zugang zur Geschichte. In der Forschung werden Bildern drei Funktionen zugedacht: (i) Sie bilden Realitäten ab und dienen somit als Beweis für deren Existenz, (ii) sie konstruieren Wirklichkeiten und können u.a. für die Untersuchung von Sinnzuschreibungen und –deutungen verwendet werden, (iii) sie sind handelnde Akteure und prägen als solche Realitätsvorstellungen.

Bei der Analyse von Bildern sind grundsätzlich folgende Schritte zu befolgen: Feststellung der Herkunft, des Herstellers, Entstehungskontext, der Bildgattung, des Adressats; Bildbeschreibung; Formulierung einer Fragestellung; interpretatorische Bildanalyse; Verbindung der Bildanalyse mit der Forschungsfrage. Besondere Aufmerksamkeit verdient das ›Bild im Bild‹, d.h. die zweifache Bildebene, die durch das Abbild (z.B. ein Foto) eines Bildes (ein Denkmal) entsteht.

Textquellen

Schriftstücke sind für die Rekonstruktion der Vergangenheit von zentralem Wert. Mit der Verbreitung des Buchdrucks nimmt ihre Überlieferung dynamisch zu. Schriftstücke lassen sich dabei in eine Vielzahl verschiedener Gattungen, Genres bzw. literarischer Formen unterteilen, und diese Gattungen wiederum in verschiedene übergeordnete Kategorien zusammenfassen. Dabei ist zu beachten, dass Schriftstücke in wechselnden Kontexten unterschiedliche Funktionen haben können, wodurch feste Zuordnungen eines Schriftstücks zu einem Genre fraglich werden können. Insofern dienen solche Zuordnungen und Kategorisierungen vor allem einer orientierenden Übersicht. Eine mögliche Ordnung schriftlicher Quellengattungen, die hier aufgenommen wird, ist die Einteilung in Geschäftsquellen, Publizistik und Selbstzeugnisse:

  • Als Geschäftsquellen werden solche Schriftstücke bezeichnet, die einen Rechts- und Verwaltungsakt festlegen bzw. festhalten. Dazu zählen auch solche Schriften, die der unmittelbaren Vorbereitung und Durchführung eines Rechts- und Verwaltungsakts dienen.
  • Unter Publizistik oder publizistischen Quellen versteht man Schriften, die auf eine breitere Öffentlichkeit ausgerichtet sind und diese durch Information oder Meinung zu beeinflussen suchen.
  • Als Selbstzeugnisse werden die Schriftstücke bezeichnet, in der eine Person von sich bzw. über sich selbst Auskunft gibt.

Übersicht

Bildquellen:

Textquellen:

Agende

Das Buch, das den Ablauf eines evangelischen Gottesdienstes regelt, wird Agende genannt. Üblicherweise besteht dieser Ablauf (sog. Liturgie) aus feststehenden und jeweils wechselnden Teilen. Während der feststehende Teil, das »Ordinarium«, die immer gleichen Elemente der Liturgie umfasst (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus/Benedictus, Agnus Dei), gibt der je nach Anlass und Jahreszeit wechselnde Teil, das »Proprium« (z.B. Psalmen, Bibellesungen, Gebete usw.), dem Gottesdienst seine konkrete inhaltliche Gestalt. Wesentliche Unterschiede in den Gottesdienstordnungen sind sowohl durch regionale Traditionen als auch durch die konfessionelle Ausrichtung gegeben. Agenden sind in erster Linie Gebrauchsliteratur für den religiösen Kultus, wurden aber teilweise von ihren Verfassern auch als publizistisches Mittel zur Meinungsbildung gezielt eingesetzt.

Bei der Analyse sind entsprechend die konfessionelle und regionale Herkunft sowie länger zurückreichende Traditionslinien zu beachten. Sodann ist zu prüfen, ob es Abweichungen zu den oben beschriebenen Abläufen gibt. Schließlich sind einzelne Teile der Agende (z.B. Gebete, Lieder) auf ihre inhaltlichen und formalen Besonderheiten hin zu analysieren.

Beispiele:

Ansichtskarte

Die Ansichtskarte entstand während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Populär wurde sie dank der erhöhten Zugänglichkeit von fotografischen Abbildungen durch ihre billiger werdende Produktion, der größeren Mobilität von Menschen (vor allem der gestiegenen Zahl touristischer Ausflüge) und der persönlichen Kosten- und Zeiteffizienz: Das Schreiben einer Ansichtskarte nahm nur wenig Zeit in Anspruch und die Postlieferung war schnell und günstig. Als Massenkommunikationsmittel greift die Ansichtskarte häufig Themen aus dem Alltag auf. Enthält sie Landschafts- oder Stadtansichten, ist die Ansichtskarte meist wertneutral; hingegen ist die Darstellung besonderer Ereignisse oft mit einer politischen oder ideologischen Botschaft verbunden. Beim Arbeiten mit Ansichtskarten ist auf den Unterschied zwischen einer Real- oder Idealvorstellung des Alltags und der Intention des Herstellers zu achten. Falls die Ansichtskarte beschriftet wurde, gilt es, die Informationen auf der Rückseite zu prüfen.

Beispiele:

Apologie

Eine Apologie (von gr. ''apologia'': ›Rechtfertigung, Verteidigung‹) bezeichnet ursprünglich die eigene Verteidigung in einem Gerichtsprozess. Im christlichen Bereich wurden Apologien zu schrifltichen Verteidigungen der eigenen Weltanschauungen, Glaubensgrundsätze und Handlungen ausgebaut und nahmen die Form von Polemiken bzw. Streitschriften an. Durch sie bekräftigten die unterschiedlichen christlichen Glaubensgemeinschaften und Konfessionen (Orthodoxe, Katholiken, Protestanten) in ihren Auseinandersetzungen untereinander – wie auch gegen äußere Gegner – die eigenen Positionen, während die anderen Positionen als Ketzerei und Abfall vom richtigen Glauben bezeichnet wurden.

Bei ihrer Analyse ist auf den Streitkontext zu achten. Übertreibungen und (unberechtigte) Beschuldigungen bzw. Unterstellungen können auch in scheinbar sachlichen Formulierungen versteckt sein.

Beispiele:

Autobiographie

Eine Autobiographie ist eine Erzählung des eigenen Lebenslaufs. Die interpretatorischen Herausforderungen sind mit denen der Biographie identisch.

Biographie

Eine Biographie (von gr. ''bios'': ›Leben‹ und ''graphein'': ›Schreiben‹) ist die Beschreibung des Lebenslaufs einer dritten Person. Sie ist immer als eine Rückschau verfasst, die meist chronologisch erzählt wird.

Bei ihrer Analyse ist auf fiktionale und wertende Elemente besonders zu achten. Die Absicht eines Biographen in seinem historischen Kontext ist dabei mit einzubeziehen.

Beispiele:

Enzyklika

Als Enzyklika (von gr. ''enkyklios'': ›was im Kreis herumgeht‹) werden meist in Briefform verfasste Rundschreiben politischer oder kirchlicher Anführer an ihre Untergebenen bezeichnet. In der Neuzeit sind Enzykliken vor allem in der römisch-katholischen Kirche bedeutsam. Durch diese päpstlichen Verlautbarungen (meist in lateinischer Sprache) wird die kirchliche Lehrmeinung in verschiedenen Streitfragen öffentlich normiert. Mit Enzykliken reagieren die Päpste meist auf aktuelle religiöse, soziale und politische Entwicklungen. Sie werden üblicherweise mit den ersten beiden oder drei Anfangsworten zitiert.

Bei der Analyse ist sowohl auf den Adressaten (meist unter dem Titel vermerkt) als auch auf den Entstehungskontext zu achten.

Beispiele:

Ethnographisches Werk

Ethnographische Werke sind ein Genre, das in der Frühen Neuzeit zunehmend an Popularität gewann. Verbunden mit der europäischen Eroberung der Neuen Welt und dem damit zunehmenden Interesse an außereuropäischen Kulturen stieg das Interesse an Beschreibungen des ›Fremden‹ auch in Europa selbst an, woraus z.B. ethnographische Beschreibungen von Juden entstanden. Es werden dabei vor allem die Rituale und Bräuche sowie die soziale bzw. rechtliche Verfassung verschiedener Völker beschrieben.

Bei der Interpretation dieser Quellen ist vor allem auf die Intention des Verfassers zu achten sowie darauf, was diese Beschreibungen über die Lebens- und Ideenwelt des Verfassers aussagen. Oft spiegeln sich in der Beschreibung fremder, nichtchristlicher Völker auch innerchristliche Auseinandersetzungen, etwa zwischen Protestanten und Katholiken. Aussagen über die beschriebenen Gruppen oder Personen müssen immer kritisch hinterfragt werden.

Beispiele:

Flugblatt

Das Genre des Flugblatts entstand kurz nach der Erfindung des Buchdrucks (ca. 1450) mit beweglichen Lettern, weil dadurch die technischen Voraussetzungen vorhanden waren, um in kurzer Zeit kostengünstig Druckerzeugnisse mit hohen Auflagenzahlen produzieren zu können. Durch Flugblätter konnten nun tagesaktuell zentrale politische, kirchliche und soziale Fragen diskutiert werden. Sie wurden schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts als »Zeitungen«, d.h. als Mitteilungen aus und über die eigene Zeit, bezeichnet. Sie können deshalb als Vorläufer der modernen Zeitungen gelten. Flugblätter waren zumeist Einblattdrucke, die häufig mit Abbildungen (Holzschnitt, Kupferstich) versehen waren, um die behandelten Themen pointiert zu illustrieren. Auf diese Weise konnten sie auch von einem illiteraten Publikum rezipiert werden und erreichten damit einen überaus hohen Verbreitungsgrad.

Bei einem illustrierten Flugblatt ist, ähnlich der späteren illustrierten Zeitschrift, die Bild-Text-Komposition von besonderer Bedeutung. Neben der Situation, in der ein Flugblatt publiziert wird, sind die Absichten und Zielgruppen der Drucker und Verfasser für ihr Verständnis wichtig.

Beispiele:

Fürstenspiegel

Als Fürstenspiegel wird eine Schrift bezeichnet, die der Belehrung oder Ermahnung eines Herrschers bzw. zukünftigen Herrschers dient. In einem Fürstenspiegel wird das rechte Verhalten des Herrschers im Blick auf seine besondere Stellung ausgeführt. Sie können auch die besonderen Herausforderungen der Zeit thematisieren.

Einem Fürstenspiegel kann eine persönliche Beziehung zwischen dem Autor und dem Belehrten, d.h. dem Herrscher, zugrunde liegen, was für seine Interpretation wichtig sein kann. Ebenso ist auf die Wert- und Moralvorstellungen zu achten, die in den Fürstenspiegeln teilweise idealisiert zu finden sind.

Beispiele:

Gesetz

Gesetzestexte zeichnen sich, bes. in der Neuzeit und im Unterschied zu frühneuzeitlichen Verordnungen, durch ihre meist abstrakten, wertneutralen Formulierungen sowie klaren Strukturen aus. Sie sind auf einen durch weitere Gesetze oder durch Verfassungen definierten Rechtsraum bezogen, in dem Autor und Adressat des Gesetzes bekannt sind. Neuzeitliche bzw. moderne Gesetzestexte setzen die Existenz eines staatlichen Gewaltmonopols sowie politische Entscheidungsprozesse, die zu einem Gesetz führen, voraus.

Bei ihrer Analyse ist der Entstehungskontext wie auch ihre Einbettung in den positiv bestimmten Rechtsraum wichtig. Über die reale Durchsetzungskraft und die Einhaltung des in Gesetzen Bestimmten geben Gesetzestexte hingegen nur bedingt Auskunft.

Beispiele:

Gutachten

Allgemein lässt sich unter einem ›Gutachten‹ eine Stellungnahme eines Sachverständigen oder mehrerer Sachverständiger zu einem konkreten Sachverhalt verstehen. Eine genaue Abgrenzung zu Zeugnissen, freundschaftlichen Ratschlägen, Fürsprachen und Denkschriften lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern muss am konkreten Einzelfall entschieden werden. Entsprechend variabel sind die literarischen Formen eines Gutachtens: Sie können informell erteilt werden, durch einen Brief etwa oder im Verlauf eines Briefes. Sie können aber auch ganz formal gestaltet sein, beispielsweise als eine gesiegelte Urkunde. Ausführliche Gutachten nähern sich oft dem Traktat an.

Bei ihrer Analyse ist auf die Beziehung zwischen dem Ratsuchenden und Ratgebenden ebenso zu achten, wie auf die oft durch ihren sozialen und politischen Kontext bestimmte Absicht der Person, die ein Gutachten einholt.

Beispiele:

Illustrierte Zeitschrift

Die illustrierte Zeitschrift ist ein Kind der Entstehung moderner Drucktechniken und Massenkommunikation im Laufe des 19. Jahrhunderts, die im illustrierten Flugblatt ihren Vorläufer findet. Sie verbindet Bild mit Text und gilt, im Gegensatz zu etwa Satirezeitschriften, eher als eine um Seriosität bemühte Gattung. Indem sie kulturelle, soziale und politische Themen aufgreift und diese mittels einer aus dem Alltag herausgewachsenen und darin verankerten visuellen Sprache darstellt, erlaubt sie einen besonderen Blick auf den Alltag. Bei der Analyse illustrierter Zeitschriften ist besonders auf die Intention des Herstellers, die Verbindung von Text und Bild sowie die Verständlichkeit der Bildsprache für die Zeitgenossen zu achten.

Beispiele:

Katechismus

Ein Katechismus (von gr. ''katechein'': ›unterrichten‹) ist eine zur religiösen und moralischen Unterweisung verfasste Schrift. Typisch für einen Katechismus ist die Verwendung eines Frage-Antwort-Schemas. Ursprünglich aus dem christlichen Taufunterricht heraus entstanden, haben sich Katechismen bzw. vergleichbare Genres auch im Judentum und Islam verbreitet. Neben Grundsätzen der jeweiligen Religion vermitteln Katechismen Regeln zur Lebensführung im Alltag. Die literarischen Grenzen zum Traktat sind dabei fließend.

Bei der Interpretation eines Katechismus ist die religiöse, moralische bzw. theologische Tradition, die in ihm verarbeitet wird, zu berücksichtigen. Der Adressatenkreis ist für den Charakter eines Katechismus von zentraler Bedeutung.

Kostüm- und Trachtenbücher

Kostüm- und Trachtenbücher, die ab dem 16. Jahrhundert aufkamen, beschreiben in Bild und Text die Kleidung der Bevölkerung einzelner Regionen oder Länder sowie unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen. Ihre Abfassung entsprach einem ähnlichen Interesse wie die der ethnographischen Beschreibungen. Für die Analyse solcher Kostüm- und Trachtenbücher spielt der spezifische politische und soziale Kontext des Verfassers und des Bildherstellers eine wichtige Rolle. Die Bilder sind hier nur im Zusammenhang mit dem beschreibenden Text zu interpretieren.

Beispiele:

Lied

Lieder gehören zu den volkstümlichen Formen der Kommunikation. Während weltliche Volkslieder allgemeinmenschliche Lebensthemen zur Sprache bringen, sind sog. Zeitlieder aus einer spezifischen Situation erwachsen und dazu bestimmt, durch Beeinflussung von Meinungen und Emotionen auf den Gang der Ereignisse einzuwirken. Lieder wurden anfangs meist, wie das Flugblatt, als fliegende, lose Blätter veröffentlicht. Dadurch fanden sie zwar weite Verbreitung, waren allerdings auch zur dauerhaften Aufbewahrung eher ungeeignet, so dass die Diskrepanz zwischen einstmals gedruckten und bis heute erhaltenen Exemplaren besonders groß sein dürfte. Die wenigen erhaltenen Exemplare sind in der Regel bald nach ihrem Erscheinen zu Sammlungen vereinigt und gebunden worden. Später sind Lieder vor allem in Liederbüchern bzw. -sammlungen veröffentlicht worden.

Bei ihrer Interpretation ist darauf zu achten, dass volkstümliche Lieder mit historischer, politischer oder kirchenpolitischer Thematik keine akribischen Ereignisprotokolle sind. Mitunter sind die enthaltenen Anspielungen auf tatsächliche oder vermeintliche Ereignisse nur schwer deutbar, auch die Vermittlung differenzierter Argumentationszusammenhänge ist nicht zu erwarten. Darum ist der Quellenwert solcher Lieder im Hinblick auf die Erhebung von Ereignistatsachen gering, im Hinblick auf die Sondierung von Stimmungen und Einflüssen auf die öffentliche Meinung kann er hingegen immens sein. Da ein Lied aus Text und Melodie besteht, ist beides im Zusammenhang zu interpretieren.

Beispiele:

Predigt

Die Predigt ist eine mündliche Form der Auslegung der biblischen Schriften als Teil des Gottesdienstes im Christentum. Vor Beginn der Möglichkeit audiovisueller Aufzeichnung ist die Predigt – als mündliches Ereignis zwischen Prediger und Hörer – auf die Schriftform zur Überlieferung angewiesen. Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte es, durch gedruckte Predigten in kurzer Zeit und zu geringen Kosten einen großen Rezipientenkreis zu erreichen. Nach der Reformation wurden – vor allem in den evangelischen Kirchen – Tausende von Predigten im Druck veröffentlicht, als Einzelpredigt oder in Sammlungen, die anderen Predigern als Vorlage dienten.

Zur Interpretation gedruckter Predigten ist zu beachten, dass der Text gegenüber dem gesprochenen Wort abweichen kann, häufig überarbeitet worden ist und grundsätzlich die Intention des Autors, nicht aber die Rezeption und Reaktion der Zuhörer wiedergibt. Andererseits ist davon auszugehen, dass sich der Redner an sein Publikum und dessen Erwartungen angepasst hat. Wichtige Faktoren für die Interpretation sind Angaben zu Person und Amt des Predigers, Anlass und Ort der Predigt, sowie, wenn vorhanden, zur Zusammensetzung der Zuhörerschaft.

Beispiele:

Rede

Als Rede bezeichnet man eine öffentliche, mündlich dargebotene Ansprache, die zu einem bestimmten Anlass bzw. Zweck gehalten wird. Sie kann z.B. der Wissensvermittlung, der Verkündigung spezieller (politischer) Überzeugungen bis hin zur Propaganda, der Bekanntmachung von relevanten Ereignissen oder politischen Entscheidungen dienen.

Bei der Analyse der schriftlichen Überlieferung einer Rede ist, wie bei einer Predigt, zu berücksichtigen, dass diese nicht der tatsächlich gehaltenen Rede entsprechen muss: Die schriftlichen Fassungen können dem Redner als Konzept gedient haben, können aber auch erst im Nachhinein aus dem Gedächtnis heraus aufgeschrieben worden sein. In jedem Fall müssen der Redner (möglicherweise auch der Verfasser, wenn dieser nicht dem Redner entspricht), die Adressaten und der Anlass der Rede ermittelt werden.

Beispiele:

Traktat

Als Traktat wird eine Abhandlung zu einem bestimmten Thema bezeichnet, die meist einen lehrhaften Charakter hat. Der Traktat handelt in der Regel von geistlichen, kulturellen, sozialen und politischen, moralischen, wissenschaftlichen oder auch philosophischen Fragestellungen. Einst meinte der Traktat auch Flugblätter und Streitschriften, und auch Staatsverträge wurden als Traktate bezeichnet.

Neben Kontext- und Verfasserfragen ist bei der Analyse eines Traktats dessen Argumentationsstruktur von Bedeutung.

Beispiele:

Verordnung

Strukturell einem Gesetz ähnlich, ist die ›Verordnung‹, ›Anordnung‹ oder ›Ordnung‹ vor allem in der Frühen Neuzeit ein zentrales Instrument herrschaftlichen Handelns. Autor und Adressat sind bekannt, wobei der Aussteller der Ordnung einen höheren Rang einnimmt. Aussteller solcher Ordnungen können neben Fürsten etwa auch städtische Magistrate oder religiöse Autoritäten sein.

Bei ihrer Analyse ist es wichtig zu bedenken, dass in ihnen vorgestellte und erwünschte Ordnungen gesellschaftlicher Felder beschrieben werden, die Quellen aber wenig Aussagekraft über die praktische Durchsetzung solcher Ordnungen haben.

Beispiele:

Weiterführende Literatur

  • Ahasver VON BRANDT, Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, Stuttgart 182012.
  • Christine BROCKS, Bildquellen der Neuzeit, Paderborn 2012.
  • Birgit EMICH, Geschichte der Frühen Neuzeit studieren, Konstanz 2006.
  • Jens JÄGER / Martin KNAUER (Hg.), Bilder als historische Quellen? Dimension der Debatten um historische Bildforschung, München 2009.
  • Gerhard PAUL, Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006.
  • Bernd-A. RUSINEK / Volker ACKERMANN / Jörg ENGELBRECHT (Hg.), Einführung in die Interpretation historischer Quellen. Schwerpunkt: Neuzeit, Paderborn u.a. 1992.