Karl Arper / Alfred Zillessen, Agende für Kriegszeiten (1914): Gebete nach der Predigt, Nr. 10

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Religion und Politik im Ersten Weltkrieg

Quellentext

Herr unser Gott, du Allmächtiger und Allwissender! Die Not, die über uns gekommen ist, drückt uns hart. Es ist uns nicht bloß um das viele Hab und Gut und die Frucht tausendfältigen Fleißes, die nun verloren geht, sondern um das Leben so vieler Tausende, die geopfert werden sollen, vorher die Hoffnung der Ihrigen und des ganzen Landes. Es bedrückt uns so sehr, daß Christen gegen Christen kämpfen, und daß so manches edle Werk des Friedens, auch die Ausbreitung deines Reichs unter den Heiden, durch Gewalt der Menschen gehindert wird.

Wie sollen wir es verstehen, Herr, daß du solches zulässest? Daß jetzt der Name Jesu Christi, den wir tragen, Millionen ein Ärgernis wird?[1] daß so viel Morden, Gewalt und Unrecht geschehen darf? Aber du, Herr, du Gewaltiger, ewig Gerechter, der du die Erde beben machst[2] und in Sturm und Ungewitter einhergehst, du brauchst auch solche Schrecken und Not, wie sie jetzt die Länder bedeckt, nach deinem Rat und hast auch jetzt Gedanken des Friedens mit uns und nicht des Leides.[3]

Du hast dich vor Zeiten herrlich bewiesen an unserem Volk, hast es aus Niedrigkeit und Schande erhoben, hast uns zur Einigkeit geführt und stark gemacht auf wunderbaren Wegen. Du hast die Liebe zu diesem unserem Volk, unserem Heimatland, zu unserem Kaiser und Landesherrn tief in unsere Brust gepflanzt. Also ist es nach deinem Willen, wenn wir dich herzlich und inständig bitten für unser Volk und Land. Laß es nicht der Feinde Beute werden. Beweise dich wieder an uns als der gnädige Gott, der Wunder tut. Vergib uns alle Untreue und allen Undank. Wir haben deine große Güte früher nicht verdient und verdienen sie auch jetzt nicht. Aber um deiner Barmherzigkeit willen tue dennoch Gutes an uns. Gebiete den Wogen des Jammers bald, Herr, wenn es dein gnädiger Wille ist: bis hieher und nicht weiter![4] Laß es zu einem ehrenvollen Frieden für uns kommen und bezeuge dich auch an den Herzen unserer Feinde, daß sie dich fürchten.

Dein Reich muß doch kommen auch in dieser schweren Zeit. Ja, laß es kommen zu uns und zu allen Völkern der Erde. Dein Werk kann niemand hindern, dein Arbeit darf nicht ruhn.[5] Deine Rechte behält den Sieg.[6] O Herr, hilf, o Herr, laß wohl gelingen.[7] Amen.


Bibliographie

Gebete nach der Predigt, Nr. 10, in: Karl ARPER / Alfred ZILLESSEN, Agende für Kriegszeiten, Göttingen 1914, S. 76f.

Vgl. Günter BRAKELMANN (Hg.), Protestantische Kriegsagenden und Kriegslyrik im Ersten Weltkrieg. Eine Dokumentation und Interpretation, Kamen 2015. Brakelmann druckt hier ausgewählte Texte aus der Kriegsagende von Arper und Zillessen ab und versieht sie mit einer allgemeinverständlichen Interpretation.


Anmerkungen

  1. Vgl. Jes 8,14;28,16; Röm 9,33.
  2. Vgl. Jes 13,13; 24,18; 50,46.
  3. Vgl. Jes 29,11.
  4. Vgl. Hi 38,11.
  5. Verse aus: Paul GERHARD, Befiehl du deine Wege, EG 361, Strophe 4.
  6. Ps 118,6.
  7. Ps 118,25.